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Krippenspiel xD

Das ist ein Krippenspiel der besonderen art, lests durch auch wenn viel ist, des ist hamma geil!!!!  *rofl*...... (des Ende check ich zwar nicht wirklich aber egal!! ^^)

Das Krippenspiel


Es liegt mir fern, eine Fundamentalkritik am bayerischen Schulwesen zu üben. Ich habe in den vier Jahren Volksschule prima Lesen gelernt, Schreiben, auch Rechnen. Und Heimat- und Sachkunde. Die Basics eben, was ein Kind so braucht im Leben: Chiemsee, Tegernsee, Starnberger See, wie breit, wie tief (in Klammern: König Ludwig). Die bayerische Verfassung von 1806, Endmoränenlandschaft, Wittelsbacher. Des Weiteren: »Man kann über alles reden«, Nächstenliebe und »Wer zahlt, sagt an«. Aber natürlich auch: »Trenne nie s-t, denn es tut ihm weh! « Und: »Max hat drei Äpfel, Susi vier Birnen. Wie viel Obst haben sie dann gemeinsam? «

Eigentlich hätte aus mir ein voll funktionstüchtiges Mitglied der Gesellschaft werden können, ein ausreichend gebildeter Staatsbürger mit gesundem Menschenverstand und vernünftigen Ansichten. Dass daraus nichts wurde, liegt daran, dass die 70erJahre auch vor bayerischen Schulen keinen Halt machten. Ich glaube sogar sagen zu können, dass ich meinen Minimalbestand an Werten komplett über Bord warf, als auch noch in der Schule, meinem Refugium der Strenge und Ordnung, begonnen wurde, mit antiautoritären Erziehungsmethoden herumzuexperimentieren.

Das Lernziel in der zweiten Klasse lautete unverfänglich: Das spielerische Erlernen der christlichen Grundwerte. So stand es im Lehrplan schwarz auf weiß, Vorgeschrieben war wörtlich:

»Das Einüben von Selbstständigkeit, Toleranz und Nächstenliebe anhand eines Theaterstückes.«

Ein Theaterstück! In der zweiten Schulklasse! Ich spreche nicht von so einem Waldorf-Montessori-Sammelbecken für Schwererziehbare, ich spreche von der staatlichen Wittelsbacher Grundschule im Osten Münchens. Und das war an allen Schulen Bayerns so.

Auf dem Lehrplan stand das Krippenspiel. Unter der fachkundigen Leitung der Klassenlehrerin. Zum Regieassistent wurde der Religionslehrer erkoren, der Reli-Lehrer, wie wir ihn nannten. Dabei war es völlig egal, ob du Protestant warst, katholisch, Moslem, Heide oder Hindu. Beim Krippenspiel mussten alle mitmachen, es sollten ja schließlich auch alle Eltern zuschauen.
An sich ist die dramatische Struktur des Stückes leicht zu überschauen: Der Zimmermann Josef und seine hochschwangere Frau Maria begeben sich auf Herbergssuche nach Bethlehem. Von drei Gasthäusern abgewiesen, landen sie im Stall bei Ochs und Esel. Auftritt der Hirten, der Engel und: »Siehe, ich verkündige euch große Freude. « Die Geburt in der Krippe, der Komet, die Heiligen Drei Könige, Weihrauch, Gold und Dingsbums. Halleluja, Vorhang. Es handelt sich um ein immer gleiches, kleines Stück Christen-Theater, das einem jeden, der je mittat, den Wunsch, Schauspieler zu werden, bis in alle Ewigkeit vergällte.
Auch bei uns war das nicht anders, mit dem feinen Unter schied, dass die ganze Chose unter hoher Selbstbeteiligung der Kinder relativ frei assoziativ und mit den Mitteln des realistischen Theaters dargestellt werden sollte. Unser damaliges Krippenspiel: die Geburt des Heilands als antiautoritäres, aber doch realistisches Bühnenstück!

Ich werde erzählen, wie es war, ich werde nichts auslassen, nichts verschweigen, nichts beschönigen. So wahr mir Gott helfe. Wobei ich noch heute inständig dafür bete, dass Gott der Allmächtige unser damaliges Krippenspiel nicht gesehen haben möge. Wenn er es gesehen hat, dann ist das Erstarken des Islam hiermit erklärt. Denn angesichts des Krippenspiels der Klasse 2a der Wittelsbacher hätte Gott sein Terrain kampflos aufgegeben. Er hätte seinen Kollegen angerufen und gesagt:
»Komm, Allah! Bitte mach du weiter, mit meinen Kindern — das wird nichts mehr! «

Unser Krippenspiel ... Allein die Proben erstreckten sich über fünf Monate, vom Hochsommer bis kurz vor Weihnachten. Draußen herrschten 30 Grad im Schatten, und wir saßen in Winterklamotten in der Aula. (Endlich war ich nicht mehr der Einzige, der für die Jahreszeit zu warm gekleidet war.) Da nun aber das Publikum aus all unseren Eltern bestand, und mit all unseren Eltern meine ich inklusive Renate und Eberhard, mussten auch alle Kinder etwas zu sagen haben. Finde mal für vierzig Kinder adäquate Rollen in einem Krippenspiel! Maria, Josef — und dann wird‘s schon eng. Und wer spielt wen? Da ging der Ärger schon los, der vorprogrammierte Streit um die Hauptrollen. Was die Maria anging, wurde allerdings nicht diskutiert. Maria wurde selbst redend gegeben von Katja Berger. Katja war der Klassenschwarm, gut in der Schule und im Ballett. Prädestiniert für die Maria, da gab‘s gar nichts. Beim Josef wurde es schon ärger, weil natürlich alle Buben an Katjas Seite im Rampenlicht stehen wollten. Die tragende männliche Sprechrolle bekam schlussendlich Harald Meyer, obwohl er gelispelt hat. Die Besetzungsfrage regelte sich wie von selbst durch den wenig antiautoritären, dafür aber umso wirksameren Brauch des »Wer sich zuerst meldet, kommt auch zuerst dran«. Und im Schnellmelden machte Harald niemand etwas vor. In der ihm eigenen Art, dem Fingerschnipsenden Nasalstöhnen, brüllte er:
»Ääh, ääh, kann ich den Joschef schpielen, ääh, kann ich den Joschef schpielen?«
»Klar, Harald, kannst du«, besänftigte ihn die Lehrerin.
Das war also auch geklärt. Maria und Josef, Katja und Harald, zwei von vierzig, blieben ja bloß noch 38 Kinder übrig. Da war die Fantasie der Grundschullehrerin gefragt. Nach langen Diskussionen und knüppelharter Erfindungsarbeit seitens des Lehrkörpers hatten wir dann nach einiger Zeit reichlich Engel, noch mehr Hirten, drei ausgesprochen gut gehende Gasthäuser mit mehr Personal als Kundschaft und die Heiligen Fünf Könige.

Trotzdem fehlten noch Rollen. Da kam unsere Klassenlehrerin auf die geniale Idee, Maria und Josef könnten ja mit dem Zug nach Bethlehem reisen. Das ist nicht erfunden. Noch einmal ein paar Rollen mehr: Lokführer, Bahnhofsvorsteher, Schaffner, DSG-Team. Unsere Lehrerin hat sich für das realistische Krippenspiel nicht entblödet, Maria und Josef, im Jahre Null christlicher Zeitrechnung, durch halb Palästina und das Westjordanland zu schicken — mit der Bahn! Klar, dass die keine Kohle mehr für die Herberge hatten, wenn alles für das Wochenendticket draufgeht. Die Inszenierung indessen war erfrischend lebensnah:

»Wir begrüßen die zugestiegenen Fahrgäste im Intercity Komet von München nach Bethlehem. In der Mitte des Zuges, zwischen der ersten und zweiten Wagenklasse, befindet sich unser Bordrestaurant, in dem Sie die Mitarbeiter der DSG gern zu einem Abendmahl willkommen heißen. Nächster planmäßiger Halt ist Bethlehem.«

Ratzfatz erreichten wir unser Fahrziel, in einer Zeit, die der Deutschen Bahn noch jetzt zur Ehre gereichen dürfte. Ich selber fuhr nicht mit, sondern wartete vor Ort. Es soll nicht verschwiegen werden, dass auch ich meine Schauspielkunst zum Besten gab. Erst wollte ich nicht, aber dann besann ich mich, nicht zuletzt deswegen, weil ich wusste, dass sich die Dramaturgie des Stückes unweigerlich auf eine Geburtsszene hin zuspitzte. Ich war ja etwas weiter als die anderen. Der Eberhard und die Renate hatten mich aufgeklärt, und zwar gründlich. Mir war mit drei schon klar, dass Maria ihren Schreiner nach Strich und Faden verarscht hat. Ein Baby mit ohne Vögeln vorher, das gibt‘s nicht! Und immerhin spielte keine Geringere die Maria als Katja Berger. Also bewarb ich mich ganz dezent um die Rolle des Heiligen Geistes. Eine stumme, jedoch intensive Nebenrolle. Von der Konstellation der Figuren her passte das, fand ich, denn Harald als Josef blickte ohnehin nur die Hälfte. Ich meldete mich artig und fragte:
»Entschuldigen Sie, Frau Lehrerin, könnte ich vielleicht so ein bisschen den Heiligen Geist machen? «
Doch nichts da: Heiligen Geist gab es nicht, Maria war trotzdem schwanger, und ich musste zur Strafe den Esel spielen. Deswegen befand ich mich ja auch schon in Bethlehem und nicht im Zug. Das war ein weiterer Kniff unserer Regisseurin: Alle durften per Bahn anreisen, selbst die Hirten, die Engel und die Könige, nur Ochs und Esel nicht, weil das war auch in echt verboten. Keine Nutztiere in deutschen Zügen, und so standen wir demütig wartend und dumm im Stall rum. Ich und der Ochs, welcher ausgerechnet von Astrid von Ginten gegeben wurde. Diese alberne, adelige Kuh machte den Ochsen. Fünf lange Probenmonate lag ich gekettet an Astrid und musste Stroh fressen. Die Nachbarstochter spielte diese Rolle übrigens freiwillig, weniger um mich zu ärgern, als vielmehr der Textmenge wegen, denn der
Ochs hatte tatsächlich öfter etwas zu sagen als die Maria, durfte dafür aber nicht Bahn fahren.
Der Esel hingegen hatte keinen Text, also fast keinen. Ich möchte mich nicht beklagen, aber ich stellte einen Esel dar, und der war von der Figur her nicht als shakespearsches Fabeltier angelegt, sondern als konkreter Depp vom Dienst:
Null Text und eine Verkleidung, die mit »Folter« nur euphemistisch beschrieben wäre. (Also dagegen war Gandhi ein Zuckerschlecken gewesen.)

Es war ja so: Alle durften, ja mussten sich ihre Kostüme und Requisiten eigenhändig besorgen. Gerade darin lag doch der pädagogische Auftrag, das Erlernen von Selbstständigkeit. Allein Astrid und ich wurden hochoffiziell ausgestattet. Niemand weiß, weshalb. Warum war ausgerechnet ich der Esel? So ein Hirte, von mir aus ein stummer, das wäre doch was gewesen. Hätte ich mich wenigstens selbst einkleiden und ausrüsten können. Oh, wir hatten prima Hirten in unserem Krippenspiel. Bis an die Zähne bewaffnet, mit den modernsten Handfeuerwaffen, die der Spielzeugmarkt hergab, als wären die Weiden um Bethlehem Minenfelder im Gaza-Streifen.

Nun soll nicht der Eindruck entstehen, die Klasse 2a wäre in ihrem Erfindungsreichtum blockiert oder allzu eindimensional veranlagt gewesen. Keineswegs, denn die Hirten sollten dem Heiland ja auch Geschenke mitbringen, und seine Waffen hat ihm keiner gegeben. Da musste man sich schon etwas Besseres einfallen lassen. Jesus bekam haufenweise Spekulatius, Äpfel und Mandarinen, aber keine Pistolen und Granaten. Die Lehrer ließen den Schülern freie Hand, nur wenn die Kreativität gänzlich versagte, halfen sie nach. Einem besonders tumben Hirten, der übrigens wie ich des Bayerischen nur rudimentär mächtig war, legte man nahe, den Messias doch mit einem »Lamperl« zu beglücken. Was er auch tat und zur Generalprobe mit einer funkelnagelneuen Halogen-Taschenlampe auflief. Was soll‘s, es war die Zeit des experimentellen Theaters, und »Lamm« oder »Leuchte«, was machte das für einen Unterschied? Gottes Sohn waren alle Präsente recht, auch wenn der Hirte auf der Bühne immer etwas unpräzise von seinem »Halousch‘n-Lamperl« sprach.

Doch zurück zu mir und meinem Eselsgewand. Die Ausstattung des Esels war nämlich Chefsache. Keine Kinderhand sollte das Kostümwerk der Handarbeitslehrerin verschandeln. (Lehrer für Handarbeit und Werken! Früher wurden aus unfähigen Kunststudenten Diktatoren, heute werden sie Handarbeitslehrer.) All ihr Können und ihre Mühe legte die Handarbeitslehrerin in meine Verkleidung. Sie verpasste mir einen Eselskopf von unglaublichen Ausmaßen: einen Meter zwanzig hoch und einen guten Meter breit, aus Pappmach Klar, dass man mit so einem Schädel nicht in den Zug reinkam! Wenn der Begriff entartete Kunst jemals Sinn gemacht haben sollte, dann nur in Bezug auf meine pseudokubistische Krippenspiels-Eselschnauze. Ich habe nie wieder in meinem Leben so geschwitzt, und erkannt hat mich keine Sau. Nur, um das deutlich zu machen: Ich wurde noch nicht einmal als Esel identifiziert. Der Reli-Lehrer hatte irgendwann Mitleid mit mir, aber anstatt mich von diesem Pappmache zu befreien, bekam ich ein Schild um den Hals, auf dem »Esel« geschrieben stand. So einfach konnte Theater sein; die Renate und der Eberhard haben sich schon während der Anprobe bepisst vor Lachen.

Und dieses Drecksteil von Esels-Maske hielt auch nicht an meinem Kopf. Was nicht ungefährlich war, es hätte die anderen Mitspieler erschlagen können. Also wurde mir die Eselsschnauze angeklebt, mit einem halben Eimer Pattex, direkt auf die Haut, gesichtsmittig. Die Handarbeitslehrerin fungierte als Dealer. Welch eine Maßnahme: Keine Macht den Drogen — aber Kleber in die Schnauze! Nach fünf Minuten war ich breiter als ein Brett, und an eine künstlerisch wertvolle Eselsinterpretation war nicht mehr zu denken. Als die anderen Darsteller am Bahnhof Bethlehem ankamen, befand ich mich in meinem Stall bereits jenseits von gut und böse. »Das Einüben von Toleranz anhand eines Theaterstücks.« Ich hatte das Lernziel längst erreicht. Benebelt torkelte ich über die Bühne und sang:
»Alles ist easy, jippieh, so easy! «
Meine Eltern jubelten, der Bub war zum ersten Mal richtig stoned, doch da ging das Krippenspiel im eigentlichen Sinne erst los. Ich lungerte bis über den Anschlag hinaus strack im Stall, und die heilige Kleinfamilie saß während dessen fröhlich im Zug. Man begab sich nach Bethlehem zur Volkszählung. Schon der lapidare Grund der Reise stellte das Regie-Team vor eine diffizile inszenatorische Aufgabe, denn das Thema Volkszählung durfte damals in Bayern nur mit Samthandschuhen angefasst werden. Doch Theater muss politisch sein, auch wenn die Darsteller erst acht sind. Demnach lautete der erste Dialog zwischen Maria und Josef wie folgt:
»Komm Maria. Volkschzählung in Bethlehem. Da müschen wir hin.«
»Aber Josef, ich bin doch schwanger.«
»Dann zählen schie eben drei Leute. Volkschzählung ischt Volkschzählung! «
»Josef denk doch an die Wehen. Lass uns lieber eine Her- berge suchen. «
»Alscho gut.«
Schon dieses lapidare Gespräch zeigte die Genialität des Textes und seine politisch subtile Brisanz. Dem geübten Theaterbesucher war sofort klar, dass die umstrittene Volkszählung mit keinem weiteren Wort erwähnt werden würde. Der Boykottaufruf war
versteckt, aber er war da; keine Zählung also, aber auch keine Herberge. Es folgten die Szene im Stall, Auftritt Ochs und Esel, Astrid von Gintens großer Monolog. Leider ist es wahr: Der, bis auf den heutigen Tag aus gutem Grund anonym gebliebene, Schultheater-Autor hat sich nicht erdummdreistet, Folgendes ins Textbuch zu ergießen:
»Ein Ochs ich bin, ein Tier im Stall / wo heute sogar Kön‘ ge sind / und doch geh‘ ich der Liebe all / soll wärmen hier das Jesuskind.«
Und ich sagte:
»Ih ah.«
Ich hätte heulen können ob meines Textes. Ih ah — was ja im Bayerischen so viel bedeutete wie Ich auch. Was für einen Hammer-Dialog ließ man Astrid und mich doch sprechen.
»Ich wärme das Jesuskind.« »Ih ah.«
»Ich schütze das Jesuskind.« »Ih ah.«
»Ich benedeie das Jesuskind.« »Ih ah.«
So ein Bockmist! Was sollte das denn bedeuten? Ich benedeie das Jesuskind? Zu dem Zeitpunkt im Stück war der Jesus noch nicht einmal geboren. Je mehr ich mich mit dem Spiel und meiner Rolle identifizierte, desto unzufriedener wurde ich. Überhaupt, was hatte denn mein Text noch mit Kunst zu tun? 58 Mal »Th ah«-Sagen. Vorsichtig muckte ich auf:
»Frau Regisseurin, wäre es möglich, meinen Part intellektuell etwas aufzupeppen?«
Doch die Lehrerin ließ mich abblitzen:
»Sieh lieber zu, dass du deinen Text bis zur Premiere aus wendig kannst.«
Wutentbrannt entgegnete ich:
»Was soll man denn da können? Wenn ich schon einen Esel gebe, dann richtig. Ohne Schminke und wenn und aber. Die Maske, verflucht, sie soll fallen. Lasst mich den Esel spielen. «
Krachend donnerte mein Pappschädel zu Boden. Die Lehrerin rief mich zur Ordnung:
»Jens, du setzt augenblicklich deinen Eselskopf wieder auf!«
»Erstens heiße ich Jess und zweitens: niemals«, und ich intonierte den Esel, auf dass Lee Strasberg seine wahre Freude gehabt hätte: »Iiiih Aaaah! Iiiih Aaaah!«
»Willst du wohl aufhören?«
»Nein, ich höre nicht auf! lH AAAAH! lH AAAAH! Aber bitte, wegen mir muss es kein Esel sein, ich kann auch einen Hund oder eine Giraffe oder ein Lama.«
Ich rotzte in Richtung des Reli-Lehrers, welcher daraufhin meinte:
»Das ist doch nicht realistisch. Im Krippenspiel gibt es gar kein Lama.«
»Ach nicht? Dann sagt mir doch, was für ein Tier ich machen soll. Ich kann sie alle, ich bin Schauspieler! Vielleicht einen Frosch? Ich liebe Frösche und Kröten. Von jetzt an bin ich die Gelbbauchunke von Bethlehem.«
Weil ich eindeutig Gefahr lief, dem Wahnsinn anheim zu fallen, mischte sich Harald ein, um zu schlichten.
»Hör auf die Lehrer. Jesch, du warscht der beschte Eschel, den wir je hatten. Jetzt schei doch nicht scho.«
Ich aber war so, und erst Katja Berger brachte mich wieder zur Raison. Sie trat ganz nah an mich heran, senkte ihren Blick und flüsterte:
»Mach wieder mit, Jess. Das Jesuskind soll doch jetzt geboren werden. Sei kein Frosch!«
Dann küsste sie mich sachte auf die Stirn, und mein Widerstand war gebrochen. Umgehend gab ich wieder den Esel. Sie hatte ja Recht, Maria sollte gebären. Katja Berger war so weit. Lieber Leser, wir befanden uns in der zweiten Klasse. Für die meisten von uns wurden Kinder vom Klapperstorch gebracht, und was sollten wir spielen? Eine realistische Geburtsszene! Und doch möchte ich meinen, gelang uns damit ein Glanzpunkt unseres Krippenspiels. Ein jeder agierte hochkonzentriert, alle kannten ihren Text und ihre Einsätze. Sogar Harald Meyer vergaß für einen winzigen Moment seinen Sprachfehler, als er seine Gattin zärtlich anfeuerte:
»Preschen, Maria, du musst pressen.«
Und Katja presste, wie nie eine niederkommende Frau vor ihr jemals gepresst hatte.
»Ah, ah, es tut so weh, ah.«
»Du schaffscht dasch, Maria. Preschen!« »Aaah!«
Nun beugte sich der Ochs über die werdende Mutter.
»Ich sehe das Jesuskind.« »Ih ah.«
»Preschen, Maria, preschen!«
Man kann sagen, dass unser Stück zu diesem Zeitpunkt etwas aus den Fugen geriet, und doch war es mit Sicherheit die realistischste Geburt, die je von Achtjährigen auf die Bühne gebracht wurde. Leidenschaftlich brüllte Katja-Maria:
»Ah! Ah! Ah!«
»Ih ah! Ih ah!«, röhrte ich solidarisch.
»Oh mein Gott, es kommt«, wimmerte Katja.
»PRESCHEN!«, befahl ihr Ehemann.
»AAAAHH!«, brüllte die heilige Jungfrau und entband.
Es ward vollbracht. Die Wolldecke unter Marias Hemd verschwand, und zum Vorschein kam — der Messias. In
der Aula der Wittelsbacher Grundschule. Es war ergreifend. Der Chor der Engel sang »Euch ist ein Heiland heut‘ gebor‘n«, und Katja Berger hatte Tränen in den Augen.

Nicht ganz unbegründet, denn die Puppe, die das Jesus- Baby darstellte, gehörte vormals ihr. Das war so eine Art Riesen-Barbie, der die Handarbeitslehrerin unter dem Schreien und Wehklagen der Mädchen die Haare abgeschnitten hatte. Selbstbestimmung war das eine, Toleranz das andere, aber ein Jesuskind mit langen, blonden Dauerwellen konnte nicht einmal der liberalste Lehrer in Bayern durchgehen lassen. Also Glatze. Und der Umgang mit dem kleinen Geschöpf musste ganz vorsichtig sein. Die Jesus-Barbie durfte nur behutsam bewegt werden, denn sie konnte sprechen.
Vielleicht erinnert sich der ein oder andere noch an dieses realitätsnahe Spielzeug. Man drückte der Puppe auf den Bauch, und die sagte dann: »Kauf mir was!« Das wäre freilich eher uncool gekommen, hätte Maria freudetrunken ihren just geborenen Jesus in Händen gehalten, und die Skinhead-Barbie hätte dann »Kauf mir was!« gesagt. Da war höchste schauspielerische Konzentration von Nöten, und Katja Berger hatte das auch im Griff. Zumindest bei den Proben. Bei der Aufführung jedoch erwachte in Josef der Vaterinstinkt.

»Maria, läscht du mich auch mal den Jeschusch halten?«
»Nein! Pass doch auf Harald.«
»Jetzt schei doch nicht scho«, quengelte er und langte nach dem Baby.
»Kauf mir was!«
»Siehste«, sagte Katja und nahm ihm die Puppe wieder weg.
»Kauf mir was!«
»Wasch scholl denn das?«, wollte Harald wissen und griff erneut nach seinem Kind.
»Kauf mir was!«
Die Katastrophe nahm ihren Lauf.
»Vom Himmel hoch da komm ich her«, der Chor konnte auch nichts mehr retten, »ich bring euch frohe gute Mär!«
»Kauf mir was!«
Von rechts stürmten grimmige Hirten die Bühne, und von links kamen weihrauchbeseelt die Könige.
»Aus dem fernen Morgenland / sind wir den Weg hierher gerannt!«
»Jetzt pascht halt ein bischchen auf!«
»Kauf mir was!«
Vierzig Schulkinder waren im Begriff, den Heiland zu zerquetschen. Heldenhaft rief Astrid von Ginten:
»Ich schütze das Jesuskind!« »Ih ah.«
»Kauf mir was!«
Die Aula der Grundschule wankte. Alle stürzten sich auf den Messias, und es schien, als sollte Jesus Christus nicht einmal seinen eigenen Geburtstag überleben. Den Ochs im Schlepptau, warf ich mich dazwischen und zitierte mutig, wenn auch falsch, Erich Honecker:
»Den Sozialismus in seinem Lauf halten Ochs und Esel auf! Iiihhh Aaaahh!«
Doch es war zwecklos. Die Bretter, die die Welt bedeuten, bebten. Die Bühne barst. Alles ächzte, krachte, stöhnte.
»Kauf mir was!«
Die Lehrerin heulte, Josef schrie, Maria umklammerte ihr Kind, Astrid trat mir in die Eier, ich heulte, der Reli-Lehrer verließ unter Protest den Raum, jetzt schrien die Hirten, die Könige heulten, es kreischte die Handarbeitslehrerin, und noch jemand brüllte so markerschütternd wie nie zuvor einen Schrei:
»SIIIIIIIEEEEEHHHHHHEEEE!«
Von allen vergessen, seit einer Stunde auf seinen Einsatz wartend, in Schwindel erregender Höhe direkt unter der Auladecke, hing, an einem Drahtseil befestigt, Erwin Moser. Der dicke Erwin, er war der Verkündigungsengel. Bis zur Premiere war ich der unumstößlichen Meinung gewesen, dass Erwin Moser als Engel die größte Fehlbesetzung der gesamten deutschen Theatergeschichte sei. Nie war eine Putte barocker! Eine rotbackige Tunte am Drahtseil, die regelmäßig Dutzende von Dübeln und Spax-Schrauben aus der Aula-Decke riss. Und die sich bei jeder Probe mit atemberaubender Geschwindigkeit dem Boden näherte. »Und siehe, ich verkündige euch . . . «‚ große Freude bei den Mitschülern, wenn der dicke Erwin dumpf auf dem Parkett einschlug.
Diesmal aber war anders. Ein zweites Mal brüllte Erwin:
»SIIIIIIIEEEEEHHHHHHEEEE !«
Und dann kam er. Erwin, der Engel, zehn Meter über dem Bühnenboden, er schwebte ein, ganz sachte, fast zärtlich, von Engelsschwingen getragen, in gleißendes Licht getaucht, er kam direkt vom Himmel auf die Erde, um Freude zu verkündigen. Wie in Zeitlupe! Zehn Meter, neun, acht. Wie im Film! Sieben Meter, sechs,
fünf, vier. Es war Harald, der am schnellsten reagierte und seine Gattin mit einem gezielten Hechtsprung aus der Landezone boxte. Katja Berger hat ihm dies nie verziehen.

Doch Erwin flog, drei Meter, er flog, wie nur Engel es können, zwei Meter, einer — und er landete bäuchlings, aber doch voll Anmut, mitten in der Krippe, die ob solchen Gewichts gleichsam zart in sich zusammenbrach. Es war überirdisch. Die Klasse 2a der Wittelsbacher verstummte, ebenso die noch verbliebenen Lehrer. Alle blickten sie auf Erwin Moser. Und Erwin lächelte und sagte:
»Gott sei Dank!«
Und was tat das Publikum? Es klatschte. Die versammelten Eltern, Eberhard und Renate unter ihnen, sie johlten und applaudierten. »Welch ein Schauspiel!« und »Bravo!« riefen sie und: »Seht her, das sind unsere Kinder, aus denen wird noch mal was!«
Wir aber verharrten stumm auf der Bühne und blickten
immer noch auf Erwin und das Wunder, das sich zutrug. Und unsichtbar, unter ihm, ertönte ein leises Stimmchen….

 

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p.s., ich wollte nochmal wiederholen, dass es ausdrücklich verboten ist, ohne zu fragen, eines der Bilder zu kopieren! aqch ihr wisst schon! ^^

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